„Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heitren Stunden nur“ lautet ein Klassiker fürs Poesiealbum. Die – hoffentlich überwiegend heiteren – Unterrichtsstunden zählt die „Sonnenuhr 2.0“, die Thomas Silberhorn als mehrteiliges Kunstwerk am Bau für die Schule an der Haimhauser Straße schuf.

Dabei kehrt der Münchner Künstler allerdings das Funktionsprinzip der seit der Antike bekannten Sonnenuhr um: Nicht der Schatten eines Zeigers, der den Sonnenstand abbildet, markiert die Stunde, sondern der Lichtkegel eines solarbetriebenen Scheinwerfers. Dieser wird mithilfe eines schwenkbaren Spiegelelements reflektiert und auf die Wand gelenkt. Beides, Spot und Spiegel, werden digital gesteuert und von einem Solarmodul auf dem Dach des Schulgebäudes angetrieben.

Silberhorn nutzt die vier Geschosse hohe Wand des schmalen Gelenkraumes zwischen Alt- und Neubau quasi als Zifferblatt für seine moderne Version einer Sonnenuhr. Als Skala montierte er von unten nach oben in breiter werdendem Abstand die ausgeschriebenen Zahlen von acht (Uhr morgens) bis drei (Uhr nachmittags) an die Wand: Sie umfasst den Zeitraum, in dem für gewöhnlich der Unterricht stattfindet.

Die Schriftzüge in klassischer Schreibschrift wurden aus Plexiglas geschnitten und mit einer Folie beklebt, die je nach Lichteinfall in den Farben des Regenbogens schimmert. Die Motormechanik des Spiegels sorgt dafür, dass der Lichtstrahl die Skala von unten nach oben entlang wandert und die Schriften zur vollen Stunde leuchten. So wird die Uhrzeitangabe zum spannenden Lichtspiel.

Um auch den technischen Part erlebbar zu machen, kombinierte Thomas Silberhorn sein Kunstwerk mit einem im ersten Stock angebrachten Bedienelement mit Monitor, auf dem die Schüler*innen Informationen zu Funktion und Betrieb abrufen können. So wirkt die „Sonnenuhr 2.0“ zugleich aufklärerisch im besten Sinne: Es sind physikalische Gesetze und eine komplexe Technik, die hier für den faszinierenden Effekt sorgen – und magisches Licht in den Schulalltag bringen.

– Roberta De Righi